Festrede 19.
Hambacher Bikerfest am 5. August 2017 Von Rolf
„Hilton“ Frieling
MID
Motorrad Initiative Deutschland e.V. |
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Bikerinnen und Biker,
bereits zum neunzehnten Mal versammeln wir uns hier am Hambacher Schloß,
um unter dem Motto „für Verkehrssicherheit - gegen Diskriminierung“ unsere
Stimme als motorisierte Zweiradfahrer und mündige Bürger zu Gehör zu bringen.
Wie üblich, möchte ich zum Einstieg noch einmal kurz erläutern, wer Euer
Gastgeber bei dem heutigen Event ist. Das Hambacher Bikerfest wird von der MID,
ausgeschrieben „Motorrad Initiative Deutschland e.V.“, veranstaltet. Die MID
wurde 1997 gegründet und ist das Koordinierungsgremium der deutschen
Motorradfahrerverbände. Mit der MID haben wir eine Plattform geschaffen,
gemeinsame Positionen zu motorradpolitischen Themen zu erarbeiten und die
politische Arbeit der Fahrerverbände zu koordinieren.
Das ist nicht immer einfach und gelingt auch nicht in allen Fällen. Das
fängt schon damit an, daß alle Verbandsvertreter ehrenamtlich tätig sind und
„nebenbei“ noch einer zeitintensiven Erwerbstätigkeit nachgehen. Wenn die politische
Arbeit der Fahrerverbände aber keine Beschäftigungstherapie, sondern wirksame
Vertretung der Interessen aller motorisierten Zwei- und Dreiradfahrer sein
soll, ist eine Vielzahl von Einzelmeinungen wenig hilfreich. Ernst genommen
werden wir nur dann, wenn wir mit einer Stimme sprechen.
In der MID haben alle Verbände die Chance, sich wirksam einzubringen,
egal ob groß oder klein. Der gemeinsame Auftritt verleiht uns ein Gewicht, das
ein einzelner Verband nie erreichen könnte. Über die MID können wir zudem
unsere knappen Ressourcen bündeln.
Die MID ist seit Jahren kompetente Ansprechpartnerin der Politik, der
Behörden und der Öffentlichkeit. Mit unseren Positionspapieren zum
„Vorbeifahren an Kolonnen“ und zur Umsetzung der 3. EU-Führerscheinrichtlinie
in deutsches Recht haben wir bewiesen, daß die Fahrerverbände einen wichtigen,
fachlich fundierten Beitrag zu Gesetzgebungsverfahren liefern können. Die MID
ist also die Verkörperung des alten Sponti-Spruchs: „gemeinsam sind wir
unausstehlich“.
Entstanden ist das Hambacher Bikerfest vor 18 Jahren aus einer Veranstaltung
der Sportgemeinschaft Stern, der Betriebssportgruppe der damaligen Daimler Chrysler
AG. Seither hat sich „Hambach“ zu einem Begriff in der Motorrad-Community und
zum bundesweit beachteten Event der Fahrerverbände entwickelt. 2010 konnten wir
unser Veranstaltungskonzept auf einer internationalen Konferenz der
EU-Kommission vorstellen sowie einer Delegation US-amerikanischer Straßenbauer
präsentieren. Ohne große Übertreibung kann man also sagen: die Welt schaut auf
die MID und auf unser Bikerfest am Hambacher Schloß. Und das trotz der nicht
immer einfachen Rahmenbedingungen, mit denen wir leben müssen. Denn als
„Hobby-Politiker“ stoßen wir manchmal an die Grenzen unserer Möglichkeiten. Wir
können also wirklich stolz darauf sein, was wir in den vielen Jahren erreicht
haben.
Was macht das Hambacher Bikerfest so besonders? Zum einen natürlich der
Bezug zum historischen Hambacher Fest von 1832, das Demokratiegeschichte
schrieb. Damals wie heute zogen die Teilnehmer hinauf zum Hambacher Schloß, um
ihre politischen Forderungen der Öffentlichkeit zu präsentieren. Damals wie
heute gab es politische Festreden auf dem Schloßberg, wenn auch mit
unterschiedlichen Schwerpunkten. Und damals wie heute kam das Feiern nicht zu
kurz.
Das Hambacher Bikerfest ist aber nicht nur eine Demonstration für die
Rechte von Motorradfahrern. Denn wir wollen nicht nur auf Mißstände aufmerksam
machen, sondern positive Signale aussenden. Mit den externen Festvorträgen, von
Beginn an fester Bestandteil unseres Konzepts, bieten wir eine Plattform,
ermutigende Beispiele vorzustellen, wie die Verkehrssicherheit auf Deutschlands
Straßen auch für die besonders gefährdete Gruppe der motorisierten Zwei- und
Dreiradfahrer verbessert werden kann.
In den letzten Jahren wurden zudem zehn Städte und Gemeinden, von
Eckernförde bis Garmisch, von der MID als „Motorradfreundliche Stadt in
Deutschland“ ausgezeichnet, ein in Europa bis heute einmaliger Titel. 2004
wurde erstmals eine Behörde, die Niederlassung Euskirchen des Landesbetriebs
Straßenbau Nordrhein-Westfalen, als besonders motorradfahrerfreundlich
ausgezeichnet. Vor drei Jahren konnten wir den Preis sogar an einen ganzen
Landkreis übergeben. Mit dieser Auszeichnung wollen wir zur Nachahmung anregen,
wie sich an der Zahl der Preisträger zeigt, mit beachtlichem Erfolg. Trotzdem
gab es auch Jahre, in denen wir trotz aller Bemühungen keine geeignete
Preisträgerin finden konnten. Das zeigt, daß für uns noch viel zu tun bleibt.
Wie schon angesprochen, lautet das Motto des Hambacher Bikerfests „für
Verkehrssicherheit - gegen Diskriminierung“. Beim Thema „Verkehrssicherheit für
Motorradfahrer“ hat es in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gegeben.
Seit Jahren sind die Unfallzahlen auf Deutschlands Straßen rückläufig, auch in
der Gruppe der motorisierten Zwei- und Dreiradfahrer. So sank die Zahl der im
Straßenverkehr getöteten Motorradfahrer zwischen 1995 und 2016 von 912 auf 526.
Das ist ein Rückgang von mehr als 40 %.
Im gleichen Zeitraum hat sich der Fahrzeugbestand bei zugelassenen
Kraftfahrzeugen auf zwei und drei Rädern aber mehr als verdoppelt. 40 % weniger
Tote bei doppelt so vielen zugelassenen Fahrzeugen: das ist mehr als erfreulich.
Leider berichtet man darüber nur selten in den Medien. Dort wird viel lieber
über die „hirnlosen Raser“ und „potentiellen Organspender“ schwadroniert.
Natürlich ist jeder Verkehrstote ein Toter zu viel, egal ob er im Auto,
als Fußgänger oder als motorisierter Zweiradfahrer ums Leben kommt. Nach den
Erfolgen der Vergangenheit wird es immer schwieriger, die Unfallzahlen und
damit auch die Zahl der getöteten Motorradfahrer weiter zu senken. In den Jahren
2014 und 2015 gab es sogar einen leichten Anstieg der Zahl der Getöteten, für
den es keine sofort einleuchtende Erklärung gibt. Auch ersten Halbjahr 2017
sieht die Statistik in einigen Bundesländern nicht besonders erfreulich aus. Trotzdem
zeigt der langjährige Trend nach unten und das bei weiter steigenden
Bestandszahlen.
Eine gute Investition in die Verkehrssicherheit von Motorradfahrern ist
die Verbesserung der Straßeninfrastruktur. Im Oktober 2007 wurde das sogenannte
MVMot, das „Merkblatt zur Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Motorradstrecken“
der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, veröffentlicht. An
der Erstellung des MVMot haben wir als MID intensiv mitgearbeitet. Das
Merkblatt hat für den Straßenbau und die Straßenunterhaltung neue Maßstäbe
gesetzt. Heinrich Bergerbusch hatte 2011 an dieser Stelle über die positiven
Erfahrungen mit dem Einsatz des MVMot in Nordrhein-Westfalen berichtet.
Auch das Land Rheinland-Pfalz arbeitet seit vielen Jahren nach den
Regeln des MVMot. Ein Beispiel ist die B 48 zwischen Johanniskreuz und
Hochspeyer, nicht weit entfernt von hier. Dieser Straßenabschnitt wurde zwischenzeitlich
auf MVMot-Standard gebracht. Fahrbahnreparaturen mit griffigem Straßenbelag,
verdichtet aufgestellte Leitpfosten zur Verdeutlichung des Straßenverlaufs, der
Abbau unnötiger Leitplanken, zusätzlicher Unterfahrschutz an unfallträchtigen
Stellen und der Ersatz von Leitplanken durch Erdwälle zeigen, wie man es richtig
macht. Auch sogenannte „Rüttelstreifen“ vor gefährlichen Kurven, die Motorradfahrer
zur Reduzierung der Geschwindigkeit veranlassen sollen, sind in Rheinland-Pfalz
im Einsatz.
In den letzten Jahren wurden zudem Schulungen der Mitarbeiter der
Straßenmeistereien durchgeführt, die zunächst zögerlich angenommen wurden. Spätestens
im praktischen Teil stießen sie aber auf ausgesprochen positive Resonanz. Denn
der Blick aus der Perspektive der motorisierten Zweiradfahrer hat häufig zu
„Aha-Erlebnissen“ geführt. Daß von den getroffenen Maßnahmen auch die Radfahrer
profitieren, ist ein zusätzliches, starkes Argument für das MVMot.
Der „Arbeitskreis Motorradsicherheit“ der FGSV, in dem wir als Vertreter
der Motorradfahrer weiterhin aktiv mitarbeiten, beschäftigt sich seit einigen
Jahren mit der Weiterentwicklung des MVMot. Denn in einer Bestandsaufnahme
wurde festgestellt, daß nur wenige Bundesländer das MVMot verbindlich
eingeführt haben oder wenigstens durchgängig danach arbeiten.
Das überarbeitete MVMot, genannt MVMot 2.0, ist im Entwurf fertig und
wird nach der Abstimmung in den diversen Gremien sowie mit den
Verkehrsministerien von Bund und Ländern Ende diesen / Anfang nächsten Jahres auf
den Markt kommen. Da sage noch mal einer, das Bohren dicker Bretter in der
Politik würde sich nicht lohnen.
Wir Fahrerverbände stellen uns aber auch in anderer Form unserer
Verantwortung für die Verkehrssicherheit. In der öffentlichen Diskussion über
vermeintliche „Motorradraser“ wird häufig verschwiegen, daß mehr als die Hälfte
der getöteten Motorradfahrer/innen ohne eigene Schuld ums Leben kommen. Sie
werden von anderen Verkehrsteilnehmern, im Regelfall von unaufmerksamen PKW-
und LKW-Fahrern aus dem Leben gerissen.
Mit der aktiven Unterstützung von Verkehrssicherheitsaktionen der
Polizei und anderer Institutionen leisten wir seit vielen Jahren einen Beitrag,
auch die eigene Klientel zu vorausschauender und defensiver Fahrweise
anzuhalten.
Über unsere bisherigen Beiträge zur Kampagne „Runter vom Gas“ des
Bundesministeriums für Verkehr und dem Deutschen Verkehrssicherheitsrat hatte
Sandra Demuth vom DVR im Jahr 2012 an dieser Stelle berichtet. Die drei
Comic-Hefte der Kampagne zum Thema Motorradsicherheit, „Fahren mit Hirn“,
„Besser ankommen mit Hirn“ und „Fit bleiben mit Hirn“, die mit unserer Hilfe
entwickelt wurden, werden auf unseren Infoständen auf Motorradmessen und
Veranstaltungen verteilt und haben sich zum absoluten Renner entwickelt. Alle
drei Broschüren könnt Ihr natürlich auch an unserem MID-Stand abgreifen.
Heute haben wir erneut die Kampagne „Runter vom Gas“ hier auf dem
Gelände und anschließend in Frankenstein zu Gast. Mit der Aktion „Echte Männer rasen
nicht" bzw. „Starke Frauen rasen nicht" will sie Bikerinnen und Biker
zum Fahren mit angemessener Geschwindigkeit motivieren. Dazu wird ein Foto mit einem
entsprechenden Schild in der Hand gemacht und auf der Homepage der Aktion
veröffentlicht. Zum Dank für die Teilnahme gibt es ein T-Shirt, ein Patch und
einen Aufkleber.
Gerade unsere Zusammenarbeit mit dem DVR hat gezeigt, daß es viele gute
Ansätze gibt, mit unserer Unterstützung die „Zielgruppe Motorradfahrer“ richtig
anzusprechen. Ich bin mir sicher, daß wir auch in der Zukunft einen wichtigen
Part dazu beisteuern werden. Denn wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie
mancher Motorradfahrer mit dem Drehen am Zündschlüssel offenbar sein Gehirn
ausschaltet.
Stolz sind wir auch auf den ersten Preis im Ideenwettbewerb „Sicher auf
Landstraßen“ des Bundesverkehrsministeriums, mit dem das von der Biker Union
entwickelte Konzept der sogenannten Bitumenrallyes im Jahr 2013 ausgezeichnet
wurde. Die Grundidee einer Bitumenrallye ist, auf einer gemeinsamen Ausfahrt
den Straßenzustand zu überprüfen und Gefahrenstellen für Motorradfahrer zu
dokumentieren. Im Fachjargon der Verkehrsingenieure heißt so etwas
„Bestandsaudit“, allerdings aus dem Blickwinkel des motorisierten Zweiradfahrers
als Benutzer der Straße.
Die für die Durchführung notwendigen Unterlagen stehen im Internet kostenfrei
zum Download zur Verfügung. Nicht nur Fahrerverbände, sondern auch
Motorradclubs, freie Motorradstammtische und Einzelpersonen haben sich bereits
beteiligt. Ergebnisse sind zum einen die Dokumentation von Problemstellen und
die Festlegung der erforderlichen Maßnahmen zur Problembehebung, aber auch das
Schärfen des Blicks der Profis im Straßenbau und der Straßenunterhaltung für
die spezifischen Probleme des motorisierten Zweirads.
Wie schon zweimal erwähnt, steht auch das neunzehnte Hambacher Bikerfest
unter dem Motto „für Verkehrssicherheit - gegen Diskriminierung“, zwei
Begriffe, die auf dem ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Über
Verkehrssicherheit habe ich bereits ausführlich gesprochen. Diskriminierung von
Motorradfahrern: ist das überhaupt noch ein Thema? Die Zeiten, daß
Motorradfahrer als arme Schlucker galten und bei der Zimmersuche im Hotel abgewiesen
wurden, sind doch schon lange vorbei.
In vielen Bereichen mag das stimmen. Eine krasse Form der
Diskriminierung aller Motorradfahrer stellt aber das Thema Streckensperrungen
dar. Unsere Verfassung garantiert das Recht auf freie Entfaltung der
Persönlichkeit. Dazu gehört, daß wir als Bürger das Recht auf einen Ausflug auf
öffentlichen Straßen auch in Naherholungsgebiete haben, egal ob mit dem PKW,
dem motorisierten Zweirad oder als Fahrradfahrer. Soweit die Theorie.
In der Praxis sieht das in vielen Gegenden unserer Republik aber anders
aus. Der Ausflug des Motorradfahrers endet am Wochenende an vielen Stellen vor
einem „Einfahrt Verboten“-Schild, das nur für motorisierte Zweiräder gilt.
Streckensperrungen nur für Motorradfahrer sind in vielen landschaftlich
reizvollen Gegenden eher die Regel als die Ausnahme.
In den meisten Fällen werden die Unfallzahlen als Grund für die Sperrung
der Straße angeführt. Schaut man jedoch genauer hin, bricht diese Argumentation
schnell in sich zusammen. Allen Strecken ist gemeinsam, daß es sich um
sogenannte „Motorradstrecken“, also Straßen mit erhöhtem Motorradaufkommen,
handelt. Die Anwohner fühlen sich von den Motorrädern belästigt und haben sich
zum Teil in Bürgerinitiativen zusammengeschlossen. Besonders kritisch wird es,
wenn „Promis“ an der Strecke wohnen, die ihre guten Beziehungen spielen lassen.
In den letzten Jahren ist es uns in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden
gelungen, an vielen Stellen der Bundesrepublik geplante Streckensperrungen zu
verhindern. Bei vielen Verwaltungen ist zudem die Erkenntnis gereift, daß
Streckensperrungen allenfalls als „ultimo ratio“, also als letztes Mittel einer
ganzen Kette möglicher Maßnahmen gegen Motorradunfälle vertretbar sind. Denn
durch eine Streckensperrung verlagern sich der Verkehr und damit auch ein
großer Teil der Motorradunfälle auf andere Straßen. Damit ist also nichts gewonnen.
Eine dieser Streckensperrungen ist der Aufhänger für unser Hambacher
Bikerfest. Keine zehn Kilometer Luftlinie entfernt liegt das malerische
Elmsteiner Tal. Auch dort heißt es in den Sommermonaten: wir Motorradfahrer müssen
am Wochenende draußen bleiben. Bereits seit vielen Jahren gibt es dort eine
Streckensperrung nur für Motorräder, die mit einer Häufung schwerer Motorradunfälle
begründet wird. Zudem beschwerten sich die Anwohner über die Verkehrsbelastung
und die Störung ihrer sonntäglichen Ruhe.
Selbstverständlich hat das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit
auch seine Grenzen. Wenn Anwohner einer vielbefahrenen Ausflugsstrecke für
Motorradfahrer am Wochenende kaum noch zur Ruhe kommen, weil ihnen bei schönem
Wetter von Freitag bis Sonntag der infernalische Lärm aus ausgeräumten
Auspuffanlagen das Leben zur Hölle macht, ist auch das ein massiver Eingriff in
die freie Entfaltung der Persönlichkeit.
Das Problem ist die Verhältnismäßigkeit der Mittel, ein Grundprinzip unserer
Verfassung. Im Fall unzumutbarer Lärmbelästigungen kann man auch ohne den
Eingriff in die Grundrechte der Motorradfahrer etwas machen. Im Regelfall wird
der Lärm von illegalen Auspuffanlagen erzeugt. Die kann die Polizei im Rahmen
von Kontrollen problemlos aus dem Verkehr ziehen. Gleiches gilt für die „Raser“
auf den jeweiligen Strecken. Nichts spricht sich so schnell unter den Betroffenen
herum, wie regelmäßige Polizeikontrollen auf von Motorradfahrern häufig
genutzten Straßen.
Das immer wieder aufgewärmte Argument, man hätte dafür nicht genügend
Einsatzkräfte, ist eine Bankrotterklärung unseres Staates, die wir nicht
akzeptieren. Ist schon mal einer auf die Idee gekommen, in bundesdeutschen
Innenstädten eine nächtliche Ausgangssperre zu verhängen, weil sich dort
Überfälle auf Passanten häufen, die Polizei aber nicht genug Beamte hat, das zu
verhindern? Eine absurde Idee ? Natürlich! Aber genau das passiert bei Streckensperrungen.
Weil sich einige nicht an die Regeln halten, werden kurzerhand alle ausgesperrt.
Es kommt aber noch schlimmer. In den letzten beiden Jahren hatte ich von
einer Veranstaltung zum Thema „Motorradlärm“ in der Eifel berichtet. Dort hatte
ein leitender Polizeibeamter allen Ernstes gesagt, daß man keine Motorradkontrollen
wegen Einhaltung der Geräuschgrenzwerte machen würde, weil das eh‘ nichts
brächte.
Anders ausgedrückt: die zuständige Polizeibehörde läßt die Bewohner und
die örtliche Politik einfach im Regen stehen. Die weiß sich nicht anders zu
helfen, als auf der Veranstaltung einen Forderungskatalog zu verabschieden, in
dem so unsinnige Dinge stehen wie „Anwendung der zukünftigen Geräuschgrenzwerte
auch für Altfahrzeuge“, „jährliche Geräuschuntersuchungen für Motorräder“,
„Einführung von Frontkennzeichen für Motorräder“ und natürlich
„Straßensperrungen auch aus Lärmschutzgründen“.
Auch die
Streckensperrung im Elmsteiner Tal basiert auf fragwürdigen Grundlagen. Durch eine
Anwendung der Maßnahmenpakete des MVMot und die neuen technischen Möglichkeiten,
Motorradraser aus dem Verkehr zu ziehen, ist die Argumentation pro
Streckensperrung längst in sich zusammengefallen. Leider ist bis heute nichts
passiert. Das Tal ist auch in diesem Jahr in den Sommermonaten für motorisierte
Zweiradfahrer gesperrt.
Wir wollen mögliche Probleme nicht verniedlichen. Denn auch unter uns
Motorradfahrern gibt es „schwarze Schafe“, die sich nicht an die Regeln halten.
Die Sperrung einer öffentlichen, aus Steuergeldern finanzierten Straße für eine
bestimmte Fahrzeugklasse ist aber ein erheblicher Eingriff in garantierte
Grundrechte. Dafür muß es zwingende Gründe geben. Im Elmsteiner Tal kann ich
die auch bei gutem Willen nicht erkennen.
Ich weiß, daß wir es im Elmsteiner Tal mit einem schwierigen Fall zu tun
haben. Denn die Fronten sind verhärtet und es gibt deutliche Signale, daß
politischer Einfluß zu dieser Streckensperrung geführt hat. Im letzten Jahr hat
der zuständige Landrat, Hans-Ulrich Ihlenfeld, in seinem Grußwort zum Hambacher
Bikerfest aber seine Gesprächsbereitschaft über die Probleme im Elmsteiner Tal
betont. Ein Termin ist aus Zeitgründen bisher nicht zustande gekommen, ein
gutes Beispiel für die begrenzten Möglichkeiten unseres ehrenamtlichen Engagements.
Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Deshalb soll an dieser Stelle noch
einmal unsere Forderung unterstrichen werden: die Streckensperrung für
Motorradfahrer im Elmsteiner Tal muß endlich weg.
Zum Schluß meines Vortrags komme ich noch einmal auf meine einleitenden
Worte zurück. Unser diesjähriges Hambacher Bikerfest ist ein weiterer,
wichtiger Schritt der MID Motorrad Initiative Deutschland e.V. im Kampf für die
Interessen aller Motorradfahrer. Denn durch diese Veranstaltung wird immer
wieder deutlich, daß der alte Spruch „getrennt marschieren - vereint schlagen“
seine Gültigkeit nicht verloren hat.
Die Zusammenarbeit der Verbände hat sich nicht nur in politischen Fragen
bewährt, sondern auch bei der Vorbereitung und Durchführung der heutigen
Veranstaltung. Manches mußte auch in diesem Jahr „mit der heißen Nadel“
gestrickt werden. Denn die Organisation liegt nun einmal nicht in den Händen
einer professionellen Event-Agentur, die sich hauptberuflich mit solchen Aufgaben
beschäftigt. Die Verantwortlichen vor und hinter den Kulissen machen das alles
in ihrer knappen Freizeit, im Urlaub und am Wochenende. Das soll an dieser
Stelle noch einmal deutlich herausgestrichen werden. Und dafür möchte ich mich
hier noch einmal ausdrücklich bedanken.
Auch in den nächsten Jahren werden wir das Schloß als Kulisse für das
Hambacher Bikerfest nutzen. Vielleicht ist ja zum 20. Jubiläum des Hambacher
Bikerfests das Thema Streckensperrung im Elmsteiner Tal endlich Geschichte.
Dann müßten wir uns einen neuen Aufhänger für unser Fest einfallen lassen. Aber
ich bin mir sicher, daß das niemanden traurig stimmen wird. Uns wird da schon
etwas einfallen.
Schließen möchte ich meine Ausführungen mit dem Aufruf, der schon meine
Reden in den letzten Jahren beendet hat: gemeinsam sind wir in der Lage, große
Dinge zu bewegen. Packen wir es an!
Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit und Geduld.
Rolf
„Hilton“ Frieling
1.
Vorsitzender der MID Motorrad Initiative Deutschland e.V.
Vorsitzender
der Biker Union e.V.
Homburger Landstraße 350, 60433 Frankfurt am Main
Tel.: 069 / 7 24 06 80, Mobil: 0171 / 6 80 23 76, frieling@t-online.de
5. August 2017