Festrede zum 16. Hambacher Bikerfest am 2. August 2014

Von Rolf „Hilton“ Frieling

MID – Motorrad Initiative Deutschland e.V.


 

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Bikerinnen und Biker,

 

bereits zum sechzehnten Mal versammeln wir uns hier am Hambacher Schloß, um unter dem Motto „für Verkehrssicherheit - gegen Diskriminierung“ unsere Stimme als mündige Bürger und Motorradfahrer zu Gehör zu bringen.

 

Wie üblich, möchte ich zum Einstieg noch einmal kurz erläutern, wer Euer Gastgeber bei dem heutigen Event ist. Das Hambacher Bikerfest wird von der MID, ausgeschrieben „Motorrad Initiative Deutschland e.V.“, veranstaltet. Die MID wurde 1997 gegründet und ist das Koordinierungsgremium der deutschen Motorradfahrerverbände. Mit der MID haben wir eine Plattform geschaffen, gemeinsame Positionen zu motorradpolitischen Themen zu erarbeiten und die politische Arbeit der Fahrerverbände zu koordinieren.

 

Das ist nicht immer einfach und gelingt auch nicht in allen Fällen. Wenn die politische Arbeit der Fahrerverbände aber kein Beschäftigungstherapie, sondern wirksame Vertretung der Interessen aller motorisierten Zwei- und Dreiradfahrer sein soll, ist eine Vielzahl von Einzelmeinungen wenig hilfreich. Ernst genommen werden wir nur dann, wenn wir mit einer Stimme sprechen. In der MID haben alle Verbände die Chance, sich wirksam einzubringen, egal ob groß oder klein. Der gemeinsame Auftritt verleiht uns ein Gewicht, das ein einzelner Verband nie erreichen könnte. Über die MID können wir zudem unsere knappen Ressourcen bündeln. Denn alle Fahrerverbände sind Freiwilligenorganisationen mit sehr begrenzten personellen und finanziellen Möglichkeiten.

 

Die MID ist seit Jahren kompetente und verläßliche Ansprechpartnerin der Politik, der Behörden und der Öffentlichkeit. Mit unseren Positionspapieren zum „Vorbeifahren an Kolonnen“ und zur Umsetzung der 3. EU-Führerscheinrichtlinie in deutsches Recht haben wir bewiesen, daß die Fahrerverbände einen wichtigen, fachlich fundierten Beitrag zu Gesetzgebungsverfahren liefern können. Die MID ist also die Verkörperung des alten Sponti-Spruchs: „gemeinsam sind wir unausstehlich“.

 

 

Entstanden ist das Hambacher Bikerfest vor 15 Jahren aus einer Veranstaltung der Sportgemeinschaft Stern, der Betriebssportgruppe der damaligen Daimler Chrysler AG. Seither hat sich „Hambach“ zu einem Begriff in der Motorrad-Community und zum bundesweit beachteten Event der Fahrerverbände entwickelt. 2010 konnten wir unser Veranstaltungskonzept auf einer internationalen Motorradfahrerkonferenz der EU-Kommission vorstellen und einer Delegation US-amerikanischer Straßenbauer präsentieren. Ohne große Übertreibung kann man also sagen: die Welt schaut auf unser Bikerfest am Hambacher Schloß. Und das trotz der nicht immer einfachen Rahmenbe­dingungen, mit denen wir leben müssen. Denn als „Hobby-Politiker“ stoßen wir manchmal auch an die Grenzen unserer Möglichkeiten. Wir können also wirklich stolz darauf sein, was wir in all den Jahren erreicht haben.

 

Was macht das Hambacher Bikerfest so besonders? Zum einen natürlich der Bezug zum historischen Hambacher Fest von 1832, das deutsche Demokratiegeschichte schrieb. Damals wie heute zogen die Teilnehmer hinauf zum Hambacher Schloß, um ihre politischen Forderungen zu stellen. Damals wie heute gab es politische Festreden auf dem Schloßberg, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Und damals wie heute kam das Feiern nicht zu kurz. Von Motorrädern war damals aber noch nicht die Rede. Denn die wurden erst später erfunden.

 

Das Hambacher Bikerfest ist aber nicht nur eine Demonstration für die Rechte von Motorradfahrern. Wir wollen nicht nur auf Mißstände aufmerksam machen, sondern positive Zeichen setzen. Mit den externen Festvorträgen, von Beginn an fester Bestandteil unseres Konzepts, bieten wir eine Plattform, ermutigende Beispiele vorzustellen, wie die Verkehrssicherheit auf Deutschlands Straßen auch für die besonders gefährdete Gruppe der motorisierten Zwei- und Dreiradfahrer verbessert werden kann.

 

In den letzten Jahren wurden zudem zehn Städte und Gemeinden, von Eckernförde bis Garmisch, von der MID als „Motorradfreundliche Stadt in Deutschland“ ausgezeichnet, ein in Europa bis heute einmaliger Titel. 2004 wurde erstmals eine Behörde, die Niederlassung Euskirchen des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen, als besonders motorradfahrerfreundlich ausgezeichnet. Mit dieser Auszeichnung wollen wir zur Nachahmung anregen, wie sich an der Zahl der Preisträger zeigt, mit beachtlichem Erfolg.

 

 

Wie schon angesprochen, lautet das Motto des Hambacher Bikerfests „für Verkehrssicherheit - gegen Diskriminierung“. Beim Thema „Verkehrssicherheit für Motorradfahrer“ hat es in den letzten Jahren deutliche Fortschritte gegeben. Seit Jahren sind die Unfallzahlen auf Deutschlands Straßen rückläufig, auch in der Gruppe der motorisierten Zwei- und Dreiradfahrer. So sank die Zahl der im Straßenverkehr getöteten Motorradfahrer zwischen 1995 und 2013 von 912 auf 568. Das ist ein Rückgang von fast 40 %. Erweitert man den Betrachtungszeitraum auf die letzten gut 30 Jahre, also von 1980 bis 2013, ist die Zahl der Getöteten sogar um knapp 2/3 gesunken.

 

Berücksichtigt man darüber hinaus die seit Jahren steigende Zahl zugelassener Fahrzeuge auf zwei und drei Rädern, sieht das Bild noch besser aus. Seit 1995 hat sich deren Fahrzeugbestand fast verdoppelt. 40 % weniger Tote bei doppelt so vielen zugelassenen Fahrzeugen: das ist mehr als erfreulich. Leider berichtet man darüber nur sehr selten in den Medien. Dort wird viel lieber über die „hirnlosen Raser“ und „potentiellen Organspender“ schwadroniert.

 

Natürlich ist jeder Verkehrstote ein Toter zu viel, egal ob er im Auto, als Fußgänger oder als Motorradfahrer ums Leben kommt. Nach den Erfolgen der Vergangenheit wird es immer schwieriger, die Unfallzahlen und damit auch die Zahl der getöteten Motorradfahrer weiter deutlich zu senken. Denn bei den Größenordnungen, über die wir mittlerweile sprechen, spielen statistische Schwankungen schon eine maßgebliche Rolle.

 

Gute Vorschläge zur Verbesserung der Verkehrssicherheit von Motorradfahrern gibt es viele. Leider erleben wir aber immer wieder, daß gut gemeint und gut gemacht zwei völlig unterschiedliche Dinge sein können. In den letzten Jahren hat sich in der EU-Kommission ein unheilvoller Aktionismus zu dem Thema breit gemacht, der unmittelbare Auswirkungen auf die Gesetzgebung in Deutschland hat. Als Beispiele seien hier die neuen Führerscheinregeln, die Vereinheitlichung der Hauptuntersuchung bei Kraftfahrzeugen, über die ich in den letzten Jahren berichtet hatte, oder ein ganz aktueller Ansatz zur verpflichtenden Einführung genormter Schutzbekleidung für Motorradfahrer genannt.

 

Ich will mich nicht am derzeit ziemlich populären EU-Bashing beteiligen. Aber glaubt jemand allen Ernstes, daß einheitliche Regeln vom Nordkap bis zum Peleponnes zu jedem Thema, das Motorradfahrer betrifft, der richtige Weg ist? Ein kleines Beispiel: in Schweden hatten in den letzten Jahren ein Drittel aller getöteten Motorradfahrer keinen Motorradführerschein und waren in vielen Fällen unter dem Einfluß von Alkohol und / oder Drogen unterwegs, bei uns in Deutschland und auch in anderen europäischen Ländern ein völlig unbekanntes Problem. Um ein Problem zu lösen, das es in vielen Ländern Europas gar nicht gibt, brauchen wir da europaweite Regeln? Leider ist das Beispiel kein Einzelfall. Das Lösen von Problemen, die es nicht gibt, hat sich offenbar zum neuen Hobby in der EU entwickelt. Haben die in Brüssel nicht Wichtigeres zu tun? Wundert sich da noch jemand darüber, daß die EU-Institutionen in der Bevölkerung ständig an Ansehen verlieren?

 

Eine gute Investition in die Verkehrssicherheit von Motorradfahrern ist dagegen die Verbesserung der Straßeninfrastruktur. Im Oktober 2007 wurde das sogenannte MVMot, das „Merkblatt zur Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Motorradstrecken“ der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, veröffentlicht. An der Erstellung des MVMot haben wir als MID intensiv mitgearbeitet. Das Merkblatt hat für den Straßenbau und die Straßenunterhaltung neue Maßstäbe gesetzt. Heinrich Bergerbusch hat vor drei Jahren an dieser Stelle über die positiven Erfahrungen mit dem Einsatz des MVMot in Nordrhein-Westfalen berichtet.

 

Der neu aufgelegte „Arbeitskreis Motorradsicherheit“ der FGSV, in dem wir als Vertreter der Motorradfahrer wieder aktiv mitarbeiten, beschäftigt sich seit knapp vier Jahren mit der Weiterentwicklung und der weiteren Verbreitung des MVMot. Denn in einer ersten Bestandsaufnahme wurde festgestellt, daß nur wenige Bundesländer das MVMot verbindlich eingeführt hatten oder wenigstens danach arbeiten. Seit Juni 2013 gibt es einen Einführungserlaß des Bundesverkehrsministers für das MVMot, der für alle Autobahnen und Bundesstraßen gilt. Die Länder werden in dem Erlaß aufgefordert, sich in ihrem Verantwortungsbereich, sprich für alle Landesstraßen, anzuschließen. Das sind doch wirklich mal gute Neuigkeiten. Da sage noch mal einer, das Bohren dicker Bretter in der Politik wäre Zeitverschwendung. Den Gegenbeweis haben wir nun in Händen.

 

Wir Fahrerverbände stellen uns aber auch in anderer Form unserer Verantwortung für die Verkehrssicherheit. In der öffentlichen Diskussion über vermeintliche „Motorradraser“ wird häufig verschwiegen, daß mehr als die Hälfte der getöteten Motorradfahrer/innen ohne eigene Schuld ums Leben kommen. Sie werden von anderen Verkehrsteilnehmern, im Regelfall von unaufmerksamen PKW- und LKW-Fahrern aus dem Leben gerissen. Ich hatte in den letzten Tagen die Auswertung eines Bundeslandes über die tödlichen Motorradunfälle im ersten Halbjahr 2014 in der Hand. Natürlich gibt es darunter Fälle, in denen Motorradfahrer die Kontrolle über ihr Fahrzeug verloren haben, zum Teil sogar aus purem Leichtsinn, und bei der Kollision mit anderen Fahrzeugen oder der Straßeninfrastruktur starben. Aber es gibt eben auch: Traktor-Fahrer übersieht beim Kreuzen einer Bundestraße Motorrad, PKW-Fahrer übersieht beim links abbiegen entgegenkommendes Motorrad, LKW-Fahrer übersieht beim links abbiegen auf einen Parkplatz entgegenkommendes Motorrad, PKW-Fahrer biegt auf die Vorfahrtsstraße ein und übersieht nahendes Motorrad.

 

Mit der aktiven Unterstützung von Verkehrssicherheitsaktionen der Polizei und anderer Institutionen leisten wir seit Jahren einen Beitrag, die eigene Klientel zu vorausschauender und defensiver Fahrweise anzuhalten. Über unsere Beiträge zur Kampagne „Runter vom Gas“ hatte Sandra Demuth vom Deutschen Verkehrssicherheitsrat im Jahr 2012 an dieser Stelle berichtet. Das Comic-Heft der Kampagne zum Thema Motorradsicherheit, mit unserer Hilfe entwickelt, wird auf unseren Infoständen verteilt und hat sich zum absoluten Renner auf Motorradmessen und Veranstaltungen entwickelt.

 

Gerade die Zusammenarbeit mit dem DVR hat gezeigt, daß es viele gute Ansätze gibt, mit unserer Unterstützung die „Zielgruppe Motorradfahrer“ richtig anzusprechen. Ich bin mir sicher, daß wir auch in der Zukunft einen wichtigen Part dazu beisteuern werden. Denn wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie mancher Motorradfahrer mit dem Drehen am Zündschlüssel offenbar auch sein Gehirn ausschaltet.

 

Stolz sind wir auch auf den ersten Preis im Ideenwettbewerb „Sicher auf Landstraßen“ des Bundesverkehrsministeriums, mit dem das von der Biker Union entwickelte Konzept der sogenannten Bitumenrallyes im letzten Jahr ausgezeichnet wurde. Die Grundidee ist, auf einer gemeinsamen Ausfahrt den Straßenzustand zu überprüfen und Gefahrstellen für Motorradfahrer zu dokumentieren. Im Fachjargon der Verkehrsingenieure heißt so etwas „Bestandsaudit“, allerdings aus dem Blickwinkel des motorisierten Zweiradfahrers als Benutzer der Straße. Die notwendigen Unterlagen stehen auch weiterhin im Internet zum Download zur Verfügung. Nicht nur die Fahrerverbände, sondern auch Motorradclubs, freie Motorradstammtische und Einzelpersonen haben sich bereits beteiligt. Ergebnisse sind zum einen die Aufnahme von Problemstellen und die Festlegung der erforderlichen Maßnahmen zur Problembehebung, aber auch das Schärfen des Blicks der Profis im Straßenbau und der Straßenunterhaltung für die spezifischen Probleme des motorisierten Zweirads.

 

 

Wie schon zweimal erwähnt, steht auch das sechzehnte Hambacher Bikerfest unter dem Motto „für Verkehrssicherheit - gegen Diskriminierung“, zwei Begriffe, die auf dem ersten Blick nichts miteinander zu tun haben. Über Verkehrssicherheit habe ich bereits ausführlich gesprochen. Diskriminierung von Motorradfahrern: ist das überhaupt ein Thema? Die Zeiten, daß Motorradfahrer als arme Schlucker galten und bei der Zimmersuche im Hotel abgewiesen wurden, sind doch schon lange vorbei.

 

In vielen Bereichen mag das stimmen. Eine krasse Form der Diskriminierung aller Motorradfahrer stellt aber seit Jahren das Thema Streckensperrungen dar. Unsere Verfassung garantiert das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Dazu gehört, daß wir als Bürger das Recht auf einen Ausflug auf öffentlichen Straßen auch in die Naherholungsgebiete haben und daß uns dabei die Wahl des Verkehrsmittels freisteht. Soweit die Theorie.

 

In der Praxis sieht das in vielen Gegenden unserer Republik anders aus. Kann sich der PKW-Fahrer weitgehend ungehindert durch deutsche Lande bewegen, endet der Ausflug des Motorradfahrers am Wochenende an vielen Stellen vor einem „Einfahrt Verboten“-Schild, das nur für motorisierte Zweiräder gilt. Streckensperrungen nur für Motorradfahrer sind in vielen, landschaftlich reizvollen Gegenden eher die Regel als die Ausnahme.

 

In den letzten Jahren ist es uns in Zusammenarbeit mit den zuständigen Straßenbauverwaltungen gelungen, an vielen Stellen der Bundesrepublik geplante Streckensperrungen zu verhindern. Als Beispiel seien hier die L 755 bei Altenbeken in der Nähe von Paderborn, das Gelbachtal im Westerwald sowie der Knotenpunkt L 165 / K 49 / K 53 in der Nähe von Euskirchen genannt.

 

In allen genannten Fällen wurden die Unfallzahlen als Grund für die geforderten Streckensperrungen angeführt. Schaut man jedoch genauer hin, bricht diese Argumentation schnell in sich zusammen. Allen genannten Strecken ist gemeinsam, daß es sich um sogenannte „Motorradstrecken“, also Straßen mit erhöhtem Motorradaufkommen handelt. Die Anwohner fühlen sich von den Motorrädern belästigt und haben sich zum Teil in Bürgerinitiativen zusammengeschlossen. Besonders kritisch wird es, wenn lokale „Promis“ an der Strecke wohnen, die ihre guten Beziehungen spielen lassen.

 

Eine dieser Streckensperrungen ist der ursprüngliche Anlaß für das Hambacher Bikerfest. Keine zehn Kilometer Luftlinie entfernt liegt das malerische Elmsteiner Tal. Auch dort heißt es in den Sommermonaten: wir Motorradfahrer müs­sen am Wochenende draußen bleiben. Bereits seit vielen Jahren gibt es dort eine Streckensper­rung nur für Motorräder, die mit einer Häufung schwerer Motorrad­unfälle begründet wird. Die kurvige Land­straße durch das Elmsteiner Tal hatte offenbar manchen „Heizer“ dazu verleitet, seinen Schutz­engel auf eine harte Probe zu stellen. Zudem beschwerten sich die Anwohner über die Verkehrsbelastung und die Störung ihrer sonntäglichen Ruhe.

 

Selbstverständlich hat das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch seine Grenzen. Wenn Anwohner einer viel befahrenen Ausflugsstrecke für Motorradfahrer am Wochenende kaum noch zur Ruhe kommen, weil ihnen bei schönem Wetter von Freitag bis Sonntag der infernalische Lärm aus ausgeräumten Auspuffanlagen das Leben zur Hölle macht, ist auch das ein Eingriff in die freie Entfaltung der Persönlichkeit.

 

Das Problem ist die Verhältnismäßigkeit der Mittel, ebenfalls ein Grundprinzip unserer Verfassung. Im Fall der unzumutbaren Lärmbelästigung kann man auch ohne den Eingriff in die Grundrechte der Motorradfahrer etwas machen. Im Regelfall wird der Lärm von illegalen Auspuff­anlagen erzeugt. Die kann die Polizei im Rahmen von Kontrollen problemlos aus dem Verkehr ziehen. Gleiches gilt für die „Raser“ auf den jeweiligen Strecken. Nichts spricht sich so schnell unter den Betroffenen herum, wie regelmäßige Polizeikontrollen auf von Motorradfahrern häufig genutzten Straßen.

 

Das an vielen Stellen genannte Argument, man hätte dafür nicht genügend Einsatzkräfte, ist eine Bankrotterklärung unseres Staates, die wir nicht akzeptieren. Ist schon mal einer auf die Idee gekommen, in einigen bundesdeutschen Innenstädten eine nächtliche Ausgangssperre zu erlassen, weil sich dort Überfälle auf Passanten häufen, die Polizei aber nicht genug Beamte hat, das zu verhindern? Eine absurde Idee ? Natürlich! Aber genau das passiert bei Streckensperrungen. Weil sich einige nicht an die Regeln halten, werden kurzerhand alle ausgesperrt.

 

In den letzten Jahren habe ich an dieser Stelle über die fragwürdigen Grundlagen der Streckensperrung im Elmsteiner Tal berichtet. Das will ich heute nicht wiederholen. Seit 1994, dem Jahr der ersten Sperrung, ist viel Wasser den Rhein hinab geflossen. Mit den Maßnahmenpaketen des MVMot und den neuen technischen Möglichkeiten, Motorradraser aus dem Verkehr zu ziehen, fällt die Argumentation pro Streckensperrung in sich zusammen.

 

Wir wollen mögliche Probleme nicht verniedlichen. Die Sperrung einer öffentlichen, aus Steuergeldern finanzierten Straße für eine bestimmte Fahrzeugklasse ist aber ein erheblicher Eingriff in garantierte Grundrechte. Dafür muß es zwingende und alternativlose Gründe geben. Im Elmsteiner Tal kann ich die auch bei gutem Willen nicht erkennen. Zynisch finde ich einen Satz aus der Begründung der Kreisverwaltung für die Sperrung. Ich zitiere: „Daraus ergibt sich, dass auf das Motorradfahrverbot im Elmsteiner Tal im Interesse aller Verkehrsteilnehmer, besonders der Motorradfahrer selbst, nicht verzichtet werden kann.“ Mit anderen Worten: wir müßten uns eigentlich bei der Kreisverwaltung dafür bedanken, daß die Strecke seit 20 Jahren in den Sommermonaten für Motorradfahrer gesperrt wird.

 

Ich weiß, daß wir es im Fall Elmstein mit einem schwierigen Fall zu tun haben. Denn die Fronten sind verhärtet und es gibt deutliche Signale, daß politischer Einfluß zu dieser Streckensperrung geführt hat. Statt mit gro­ßer Inbrunst und seit vielen Jahren dem heiligen St. Florian zu huldigen, sollte man es im Elmsteiner Tal trotzdem mal mit der Er­probung intelligenter Lösungen versuchen.

 

Gleichzeitig würden die Elmsteiner damit auch ein anderes Problem in den Griff bekommen. Seit Jahren gehen die Übernachtungszahlen im Tal deutlich zurück. Nennenswerte Ansiedlungen von Wirtschaftsbetrieben sind nach Aussage von Experten nicht zu erwarten. Beherbergungsbetriebe und die Gastronomie im Elmsteiner Tal klagen trotz aller Anstrengungen, den Tourismus zu fördern, über mangelnden Zulauf und müssen schließen. Motorradtourismus könnte der Ansatz sein, das Problem dauerhaft zu lösen. Das hat in anderen Regionen prima funktioniert. Dazu müßte man allerdings auf den Boden der Tatsachen zurückkehren. Ein unrealistischer Traum?

 

Ich fordere die Verantwortlichen erneut auf, rechtzeitig vor der nächsten Saison ein umfassendes Konzept zur Vermeidung der Streckensperrung im Elmsteiner Tal zu entwickeln und umzusetzen. Die Fahrerverbände stehen bereit, dabei zu unterstützen. Deshalb soll an dieser Stelle noch einmal unsere Forderung unterstrichen werden: die Streckensperrung für Motorradfahrer im Elmsteiner Tal muß endlich weg.

 

 

Zum Schluß meines Vortrags komme ich noch einmal auf meine einleitenden Worte zurück. Unser diesjähriges Hambacher Bikerfest ist ein weiterer, wichtiger Schritt der MID - Motorrad Initiative Deutschland e.V. im Kampf für die Interessen aller Motorradfahrer. Denn durch diese Veranstaltung wird immer wieder deutlich, daß der alte Spruch „getrennt marschieren - vereint schlagen“ seine Gültigkeit nicht verloren hat.

 

Die Zusammenarbeit der Verbände hat sich nicht nur in politischen Fragen bewährt, sondern auch bei der Vorbereitung und Durchführung der heutigen Veranstaltung. Manches mußte auch in diesem Jahr „mit der heißen Nadel“ gestrickt werden. Denn die Organisation liegt nun einmal nicht in den Händen einer professionellen Event-Agentur, die sich hauptberuflich mit solchen Aufgaben beschäftigt. Die Verantwortlichen vor und hinter den Kulissen machen das alles in ihrer knappen Freizeit im Urlaub, abends und am Wochenende. Das soll an dieser Stelle noch einmal deutlich herausgestrichen werden. Und dafür möchte ich mich hier noch einmal ausdrücklich bedanken.

 

Auch in den nächsten Jahren werden wir das Schloß als Kulisse für das Hambacher Bikerfest nutzen. Vielleicht ist ja zum 17. Jubiläum des Hambacher Bikerfestes das Thema Streckensperrung im Elmsteiner Tal endlich Geschichte. Dann müßten wir uns einen neuen Aufhänger für unser Fest einfallen lassen. Aber ich bin sicher, daß das niemanden traurig stimmen wird.

 

Schließen möchte ich meine Ausführungen mit dem Aufruf, der schon meine Reden in den letzten Jahren been­det hat: nur gemeinsam sind wir in der Lage, große Dinge zu bewegen. Packen wir es an!

 

Vielen Dank für Eure Aufmerksamkeit und Geduld.

 

 

 

 

Rolf „Hilton“ Frieling

1. Vorsitzender der MID – Motorrad Initiative Deutschland e.V.

Vorsitzender der Biker Union e.V.

Feuerbachstraße 38, 60325 Frankfurt am Main

Tel.: 069 / 7 24 06 80, Mobil: 0171 / 6 80 23 76, frieling@t-online.de

 

2. August 2014