Festrede zum 9. Hambacher Bikerfest am 4. August 2007

Von Rolf "Hilton" Frieling

MID – Motorrad Initiative Deutschland e.V.

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Bikerinnen und Biker,

bereits zum neunten Mal treffen wir uns an diesem illustren Ort, um unter dem Motto "für Verkehrssicherheit - gegen Diskriminierung" unsere Stimme als Biker und Motorradfahrer zu Gehör zu bringen. Ich freue mich, daß wir es trotz der nicht immer einfachen Rahmenbedingungen auch in diesem Jahr wieder geschafft haben, diesen für die MID so wichtigen Event auf geschichtsträchtigem Boden und in feierlichen Ambiente auf die Beine zu stellen.

Zum Einstieg möchte ich noch einmal kurz darauf eingehen, wer Euer Gastgeber bei der heutigen Veranstaltung ist. Das Kürzel MID bedeutet ausgeschrieben "Motorrad Initiative Deutschland e.V.". Die MID wurde 1997 gegründet und ist das Koordinierungsgremium der deutschen Motorradfahrerverbände.

Mit der MID haben wir eine Plattform geschaffen, gemeinsame Positionen zu motorradpolitischen Themen zu erarbeiten und die politische Arbeit aufeinander abzustimmen. Das ist nicht immer einfach und gelingt auch nicht in allen Punkten. Die Motorradfahrerszene in Deutschland ist nun einmal ein bunter Haufen von Individualisten, die sich den unterschiedlichsten "Motorradfahrerfraktionen" zugehörig fühlen. Dies spiegelt sich auch in der Verbandslandschaft wider.

Wenn es um die Arbeit in Gremien oder um den Auftritt auf Veranstaltungen geht, ist aber nicht eine Vielzahl von Einzelmeinungen gefragt. Ernst genommen werden wir nur dann, wenn wir mit einer Stimme sprechen. Hier hat sich die MID als Koordinierungsgremium der Verbände in den letzten Jahren zum kompetenten und verläßlichen Ansprechpartner entwickelt. Der Prozeß der Meinungsbildung läuft innerhalb der MID ab. Damit bekommen alle Verbände die Chance, sich einzubringen, egal ob groß oder klein. Ein gemeinsamer Standpunkt verleiht uns jedoch ein Gewicht, das ein einzelner Verband nie erreichen könnte.

Über die MID können wir zudem unsere knappen Ressourcen bündeln und Dinge erreichen, die unter den gegebenen Umständen auch große Verbände nicht alleine stemmen können. Denn alle Fahrerverbände sind Freiwilligenorganisationen mit begrenzten personellen und finanziellen Möglichkeiten. Die MID ist also die Verkörperung des alten Sponti-Spruchs: "gemeinsam sind wir unausstehlich".

Diese Erfahrungen haben wir in den letzten Jahren immer wieder machen können. Wir sind sehr stolz darauf, daß wir in der MID in vielen Fragen gemeinsame Vorstellungen entwickelt haben und diese erfolgreich gegenüber der Politik, den Behörden und der Öffentlichkeit vertreten konnten. Die MID ist mittlerweile eine Institution innerhalb der Motorrad-Community geworden, an der man auch mit viel Mühe nicht mehr vorbei kommt. Wenn es die MID noch nicht gäbe: sie müßte dringend erfunden werden.

Nach diesem kleinen Ausflug in die "Niederungen der Verbandspolitik" komme ich zum eigentlichen Gegenstand meines Vortrags. Wie bereits erwähnt, steht auch das neunte Hambacher Bikerfest unter dem Motto "für Verkehrssicherheit - gegen Diskriminierung", zwei Begriffe, die auf dem ersten Blick nichts miteinander zu tun haben.

"Für Verkehrssicherheit" klingt ausgesprochen positiv. Damit kann sich jeder identifizieren. Dort ist auch schon viel erreicht worden. Seit Jahren sind die Unfallzahlen auf Deutschlands Straßen rückläufig, auch in der Gruppe der Motorradfahrer. Nach den bisher nur inoffiziell bekannt gewordenen Daten für 2006 sieht es so aus, als wenn die Zahl der getöteten Motorradfahrer trotz des phantastischen und langen Spätsommers unter die Marke von 800 gefallen wäre. Das wäre die niedrigste Zahl seit mindestens 20 Jahren, wahrscheinlich sogar ein historisches Tief, und das trotz weiter steigender Zulassungszahlen.

Der ungewöhnlich warme und trockene Jahresbeginn hat diesen Trend jedoch abrupt abgebremst. Über das verlängerte Osterwochenende Anfang April kamen alleine in Baden-Württemberg 12 Motorradfahrer zu Tode, nach einer ersten Übersicht der Polizei in den meisten Fällen durch eigenes Verschulden. In Hessen starben in den ersten vier Monaten des letzten Jahres 8 Motorradfahrer, davon 4 aufgrund von Eigenverschulden. Die vorläufigen Zahlen für 2007 weisen 28 Getötete, davon 22 aufgrund von eigenem Fehlverhalten aus. Nicht nur die absoluten Zahlen sind erschreckend. Vor allem die Umkehrung des Verhältnisses zwischen Fremd- und Eigenverschulden ist dramatisch.

Natürlich sind nicht alle Polizisten, die Motorradunfälle aufnehmen, Spezialisten in Sachen Zweiradsicherheit. Das Kreuz im Kästchen "nicht angepaßte Geschwindigkeit" ist im Unfallbogen schnell gemacht. Ob der Fahrer aber zum Beispiel auf einer Bitumenflickstelle ins Trudeln geraten und dadurch von der Fahrbahn abgekommen ist, läßt sich nur durch eine detaillierte Untersuchung des Unfallablaufs ermitteln. Ein besonders tragischer Fall, bei dem Fahrer und Sozia zu Tode gekommen sind, weil sie nach einem Sturz an ein Entwässerungsrohr im Straßengraben geprallt sind, weist zudem klar auf Mängel im Straßenbau hin.

Damit wären wir aber schon beim Thema Diskriminierung. Denn von den Medien wurde der Anstieg der Motorradunfälle als Steilvorlage dankbar aufgenommen. Nicht nur die Bild-Zeitung berichtete in reißerischer Aufmachung über die Unfälle. Selbst die "seriöse" ARD brachte zur besten Sendezeit im Abendprogramm eine "Dokumentation" über "Motorradraser", in der unter anderem nachweislich falsche Aussagen über die Unfallentwicklung der vergangenen Jahre gemacht wurden. Im gleichen Atemzug wurden 3,9 Millionen Motorradfahrer pauschal zu potentiellen Selbstmördern abgestempelt.

Ich will das Problem der "Raser" unter uns Motorradfahrern nicht verniedlichen. Bedenklich ist vor allem der Anstieg des Anteils der älteren Fahrer in der Unfallstatistik, meist männlichen Geschlechts. Zum Teil sind das Neu- oder Wiedereinsteiger, die ihr Fahrkönnen deutlich überschätzen und einen Unfall bauen. Ohne Zweifel gibt es aber auch Fahrer, die ihre Midlife-Crisis auf dem Motorrad bewältigen wollen. Der Baum ist gepflanzt, das Haus zum Teil abbezahlt und die Kinder gehen ihre eigenen Wege. Da möchte man den Kumpels zeigen, daß man trotzdem noch ein richtiger Kerl ist. Das Gefühl, die Grenzen der Fähigkeiten von Mensch und Maschine erfolgreich und ohne Blessuren ausgetestet zu haben, versetzt manchen in einen rauschähnlichen Zustand mit starkem Suchtpotential.

Wesentlich häufiger sind bei den sogenannten "Alleinunfällen", bei denen es als Unfallbeteiligte nur den motorisierten Zweiradfahrer gibt, aber Planungsmängel im Straßenbau, der immer schlechter werdende Straßenzustand, unsachgemäße Straßenreparaturen und ungesicherte Hindernisse am Straßenrand die eigentliche Ursache mit schwerwiegenden Folgen für Leib und Leben. Im Polizeibericht liest man darüber leider nur selten etwas.

Motorräder als Einspurfahrzeuge reagieren wesentlich sensibler auf den Straßenzustand als mehrspurige Fahrzeuge. Ein schmaler Bitumenstreifen auf der Fahrbahn stellt für PKWs und LKWs im Regelfall kein Problem dar. Für den Motorrad- oder den Rollerfahrer kann ein solcher Streifen aber das Ende der Fahrt bedeuten. Denn unsachgemäße Bitumenreparaturen führen bei Hitze oder Nässe schnell zu einem Sturz. Wenn dann noch ein ungesicherter Leitplankenpfosten oder ein falsch positioniertes Verkehrsschild im Weg steht, endet die Fahrt in einer Katastrophe.

Unsachgemäße Bitumenreparaturen sind in den letzten Jahren zu einer wahren Plage geworden. Unzureichende Finanzmittel für die Unterhaltung bestehender Straßen, Personalkürzungen in den Straßenbauverwaltungen, aber in meinen Augen auch kriminelle Machenschaften von Baufirmen und die Gleichgültigkeit mancher Sachbearbeiter in den Behörden sind für den Tod duzender Motorradfahrer pro Jahr verantwortlich. Bei der Polizei und vor Gericht müssen sich Unfallopfer dann häufig noch den Vorwurf anhören, sie seien wegen nicht angepaßter Geschwindigkeit schließlich selber schuld.

Es ist sicher richtig, daß der geübte Fahrer auf einer übersichtlichen Strecke und bei Tag Bitumenpfusch im Regelfall von weitem erkennen und rechtzeitig reagieren kann. Bei Dunkelheit und Regen auf unbekannter Strecke sieht das aber ganz anders aus. Da ist auch der "Profi" voll und ganz damit beschäftigt, durch das verschmierte und beschlagene Visier die Streckenführung zu erkennen. Für einen Sturz auf einer Bitumenfuge reicht selbst bei moderater Geschwindigkeit eine minimale Schräglage aus. Nicht umsonst spricht man in Biker-Kreisen von "schwarzem Glatteis".

Nach langen Jahren des vergeblichen Mahnens und Forderns scheint sich der Knoten so langsam aufzudröseln. Wir erleben immer häufiger, daß unsere Gesprächspartner in den Ministerien und den Behörden ein offenes Ohr für unsere Anliegen haben. Zum Teil sind sie selber Motorradfahrer, die unsere Probleme aus eigener Anschauung kennen.

Im Jahr 2004 haben wir an dieser Stelle die Niederlassung Euskirchen des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen als "motorradfahrerfreundliche Behörde in Deutschland" ausgezeichnet. Dort wurde der Unterfahrschutz für Leitplanken "Modell Euskirchen" entwickelt, der für viele Motorradfahrer bereits zum Lebensretter wurde. Seit Juli 2004 gibt es einen Erlaß des Bundesverkehrsministers, der den Einsatz dieses Unterfahrschutzes unter bestimmten Rahmenbedingungen billigt. In der Folge haben mehrere Bundesländer die Verwendung des "Modells Euskirchens" an Unfallschwerpunkten für Motorradfahrer verbindlich vorgeschrieben.

Der europäische Dachverband der Motorradfahrer, FEMA, in dem wir seit vielen Jahren aktiv mitarbeiten, ist seit Anfang diesen Jahres assoziiertes Mitglied des europäischen Normungsgremiums CEN. Auf Veranlassung der FEMA wird sich der zuständige Unterausschuß in den nächsten Monaten intensiv mit dem Thema Leitplanken beschäftigen. Denn in der bisherigen Leitplankennorm EN 1317 kommen Motorradfahrer nicht vor.

Ebenfalls auf europäischer Ebene gibt es Bemühungen, eine sogenannte Infrastrukturdirektive zu verabschieden, in der Minimalanforderungen an die Straßeninfrastruktur europaweit festgelegt werden sollen. Auch hier sind die spezifischen Bedürfnisse der Motorradfahrer ein wichtiges Thema.

In der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, die allgemein verbindliche Regeln für den Straßenbau und die Straßenunterhaltung in Deutschland veröffentlicht, sind die Arbeiten an dem "Merkblatt zur Verbesserung der Verkehrssicherheit auf Motorradstrecken" fast abgeschlossen. Für Mitte Oktober ist die Präsentation des Dokuments, an dem wir als MID in den letzten Jahren maßgeblich mitgearbeitet hatten, geplant. Damit werden für den Straßenbau und die Straßenunterhaltung neue Maßstäbe gesetzt.

Es ist zwar nicht zu erwarten, daß sich mit einem Schlag alles zum Besseren wandelt. Denn das Problem fehlender Finanzmittel im Bund, den Ländern und den Gemeinden wird durch unsere Aktivitäten kurzfristig nicht gelöst. Aber das Problembewußtsein der Verantwortlichen wird geschärft, was ein großer Schritt in die richtige Richtung ist.

Wir Fahrerverbände stellen uns aber auch in anderer Form unserer Verantwortung für die Verkehrssicherheit. Mit der aktiven Unterstützung von Verkehrssicherheitsaktionen der Polizei und anderer Institutionen leisten wir seit Jahren einen Beitrag, zu vorausschauender und defensiver Fahrweise anzuhalten. Als Beispiele seien hier der Verkehrssicherheitstag am Falltorhaus, über den an dieser Stelle bereits berichtet wurde, oder die Aktion "Kaffee statt Knöllchen" am Schiffshebewerk Niederfinow in Brandenburg genannt. Einige unserer Stammtische veranstalten zu Saisonbeginn Fahrsicherheitstrainings und Erste-Hilfe-Kurse. Auch bei unseren gemeinsamen Ausfahrten spielen Geschwindigkeit und Risiko keine Rolle.

Für die Verkehrssicherheit trägt jeder Motorradfahrer eine Verantwortung. Trotz aller nachvollziehbaren Gründe für den Anstieg sind die aktuellen Unfallzahlen alarmierend. Sollte sich diese Entwicklung in 2007 fortsetzen, hätten wir ein ernstes Problem. Denn dann ist absehbar, daß die Regierungen von Bund und Ländern drastische Maßnahmen ins Auge fassen werden, um das Ziel der EU, die Zahl der Verkehrstoten bis zum Jahr 2010 zu halbieren, doch noch zu erreichen. Ein Verkehrspsychologe brachte es in einem Radiointerview Anfang Mai auf den Punkt: die Unfallzahlen würden insgesamt deutlich sinken, wenn man das Motorradfahren ganz verbieten würde.

Im zwanglosen Gespräch mit anderen Motorradfahrern können und müssen wir daher zusätzlich aktiv werden. Denn wir dürfen nicht tatenlos zusehen, wie mancher Motorradfahrer mit dem Drehen am Zündschlüssel offenbar auch sein Gehirn ausschaltet.

Damit komme ich zum dritten Teil meines Vortrags. Die Diskriminierung von Motorradfahrern in den Medien und der Öffentlichkeit ist, wie bereits angesprochen, auch heute noch ein aktuelles Thema. Zwar hat sich das Meinungsbild über die Motorradfahrer in der letzten Zeit deutlich verbessert. Trotzdem gibt es zum Beispiel immer noch Fälle, in denen Motorradfahrer in Hotels und Gaststätten abgewiesen werden.

Motorräder erreichen bei der Zahl der in Deutschland zugelassenen Fahrzeuge mittlerweile einen Anteil von ca. 8 %, LKWs und Landmaschinen eingeschlossen. Wir sind schon lange keine kleine, unbedeutende Minderheit mehr, die man in irgendeine Ecke stellen kann. Dafür haben wir uns heute hier versammelt. Und dafür werden wir auch in der Zukunft kämpfen.

Eine krasse Form der Diskriminierung aller Motorradfahrer stellt das Thema Streckensperrungen dar. Unsere Verfassung garantiert das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit. Dazu gehört, daß wir als Bürger das Recht auf einen Ausflug auf öffentlichen Straßen z.B. in die Naherholungsgebiete haben und daß uns dabei die Wahl des Verkehrsmittels freisteht. Soweit die Theorie. In der Praxis sieht das in vielen Gegenden unserer Republik anders aus.

Kann sich der PKW-Fahrer weitgehend ungehindert durch deutsche Lande bewegen, endet der Ausflug des Motorradfahrers am Wochenende an vielen Stellen vor einem "Einfahrt Verboten"-Schild, das nur für Motorräder gilt. Streckensperrungen nur für Motorradfahrer sind in vielen, landschaftlich reizvollen Gegenden eher die Regel als die Ausnahme.

Gerade in den letzten Monaten gab es eine Vielzahl von Versuchen, weitere Strecken für Motorradfahrer zu sperren. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit seien hier nur einige Beispiele genannt: die L 755 bei Altenbeken in der Nähe von Paderborn, die B 47 zwischen Amorbach und Boxbrunn im Odenwald, das Gelbachtal im Westerwald, die Schmalfelder Kurven nördlich von Hamburg, die L 648 zwischen Schwerte und Iserlohn und brandaktuell zum wiederholten Mal die Straße zum Sudelfeld in der Nähe von Bayrischzell.

In allen genannten Fällen werden die Unfallzahlen als Grund für die geforderten Streckensperrungen genannt. Schaut man jedoch genauer hin, bricht die Argumentation schnell in sich zusammen. So gab es zum Beispiel auf den Schmalfelder Kurven im letzten Jahr zwar einen spektakulären Motorradunfall mit zwei Toten. Ansonsten ist die Strecke aber nicht unfallauffällig. Im Gelbachtal bestätigte auf einer Bürgerversammlung der als Fachmann geladene Beamte der zuständigen Polizeistation, daß die Unfallentwicklung keine rechtliche Handhabe für eine Streckensperrung gäbe.

Allen genannten Strecken ist jedoch gemeinsam, daß es sich um sogenannte "Motorradstrecken", also Straßen mit erhöhtem Motorradaufkommen handelt. Die Anwohner fühlen sich von den Motorrädern belästigt und haben sich zum Teil sogar in Bürgerinitiativen zusammengeschlossen. Besonders kritisch wird es, wenn lokale "Promis", die an der Strecke wohnen, ihre guten Beziehungen in die Politik spielen lassen.

Ein solches Beispiel ist, eingeweihten Kreisen zufolge, auch der ursprüngliche Anlaß für das Hambacher Bikerfest. Keine zehn Kilometer Luftlinie entfernt liegt das malerische Elmsteiner Tal. Auch dort heißt es in den Sommermonaten: wir Motorradfahrer müssen am Wochenende draußen bleiben. Bereits seit vielen Jahren gibt es dort eine Streckensperrung nur für Motorräder, die mit einer Häufung schwerer Motorradunfälle mit vielen Toten begründet wurde. Die kurvige Landstraße durch das Elmsteiner Tal hatte offenbar manchen "Raser" dazu verleitet, seinen Schutzengel auf eine harte Probe zu stellen. Zudem beschwerten sich die Anwohner über die Verkehrsbelastung und die Störung ihrer sonntäglichen Ruhe.

Selbstverständlich hat das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit auch seine Grenzen. Wenn Anwohner einer viel befahrenen Ausflugsstrecke für Motorradfahrer am Wochenende kaum noch zur Ruhe kommen, weil ihnen bei schönem Wetter von Freitag bis Sonntag der infernalische Lärm aus ausgeräumten Auspuffanlagen das Leben zur Hölle macht, ist auch das ein Eingriff in die freie Entfaltung der Persönlichkeit. Da braucht man gar nicht erst das Argument möglicher Gesundheitsgefahren durch die Lärmeinwirkung ins Feld zu führen.

Die freie Entfaltung der Persönlichkeit gilt gemäß Verfassung aber für beide Seiten. Im Fall der unzumutbaren Lärmbelästigung kann man auch ohne den Eingriff in Grundrechte der Motorradfahrer etwas machen. Im Regelfall wird der Lärm von illegalen Auspuffanlagen erzeugt. Die kann die Polizei problemlos im Rahmen von Kontrollen aus dem Verkehr ziehen. Nichts spricht sich so schnell unter den Betroffenen herum, wie regelmäßige Polizeikontrollen auf von Motorradfahrern häufig genutzten Strecken. Das käme dann gleich auch noch der Verkehrssicherheit zugute.

Das Argument Verkehrssicherheit ist in den letzten Jahren gerade im Fall des Elmsteiner Tals ad Absurdum geführt worden. Zwar ist seit der Sperrung die Zahl der schweren Verkehrsunfälle von Motorradfahrern deutlich zurückgegangen. Dafür sind die Zahlen auf den umliegenden Straßen deutlich angestiegen. Das Unfallgeschehen hat sich also eigentlich nicht verändert, sondern nur verlagert.

Natürlich könnte man die Streckensperrungen jetzt schrittweise auch auf andere Straßen ausdehnen. Dann sollte man aber konsequent sein und das Motorradfahren in Deutschland ganz verbieten. Wenn wir aber schon von Gleichheit vor dem Gesetz reden: mir ist kein Ort in der Bundesrepublik Deutschland bekannt, an dem nach einer Häufung der Unfallzahlen eine Strecke nur für PKWs oder LKWs gesperrt wurde.

Besondere Brisanz bekommt die Streckensperrung im Elmsteiner Tal durch aktuelle Entwicklungen. Im Rahmen der diesjährigen Verkehrssicherheitswoche in Rheinland Pfalz wurden Anfang Mai Maßnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit auf der Ausweichstrecke zum Elmsteiner Tal, der B 48 im Wellbachtal dem Verkehr übergeben. Der rheinland-pfälzische Verkehrsminister, Herr Hering, hat sich vor laufender Kamera klar gegen Streckensperrungen zur Senkung der Unfallzahlen ausgesprochen, eine schallende Ohrfeige für die Verantwortlichen im Elmsteiner Tal. Zudem gibt es deutliche Hinweise dafür, daß auch im Elmsteiner Tal die Unfallzahlen nicht der eigentliche Grund für die Streckensperrung gewesen sind.

Statt mit großer Inbrunst und seit vielen Jahren dem heiligen St. Florian zu huldigen, könnte man es im Elmsteiner Tal ja endlich einmal mit der Erprobung intelligenter Lösungen versuchen. Sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch auf der B 48 im Wellbachtal wurden sogenannte Rüttelstrecken eingerichtet, die zu einer drastischen Verringerung der Geschwindigkeit an den kritischen Stellen und damit auch des Unfallrisikos von Motorradfahrern geführt haben. Rüttelstrecken ließen sich problemlos auch im Elmsteiner Tal einrichten. Deshalb soll an dieser Stelle noch einmal unsere Forderung unterstrichen werden: die Streckensperrung für Motorradfahrer im Elmsteiner Tal muß endlich weg.

Zum Schluß meines Vortrags komme ich noch einmal auf meine einleitenden Worte zurück. Unser diesjähriges Hambacher Bikerfest ist ein weiterer, wichtiger Schritt der MID - Motorrad Initiative Deutschland e.V. im Kampf für die Interessen aller Motorradfahrer. Denn durch diese Veranstaltung wird immer wieder deutlich, daß der alte Spruch "getrennt marschieren - vereint schlagen" seine Gültigkeit nicht verloren hat.

Die Zusammenarbeit der Verbände hat sich nicht nur in politischen Fragen bewährt, sondern auch bei der Vorbereitung und Durchführung der heutigen Veranstaltung. Manches mußte auch in diesem Jahr wieder "mit der heißen Nadel" gestrickt werden. Denn die Organisation liegt nun einmal nicht in den Händen einer professionellen Event-Agentur, die sich hauptberuflich mit solchen Aufgaben beschäftigt. Das könnten sich die beteiligten Verbände gar nicht leisten. Die Verantwortlichen vor und hinter den Kulissen machen das alles in ihrer knappen Freizeit abends und am Wochenende. Das soll an dieser Stelle auch noch einmal deutlich herausgestrichen werden. Und dafür möchte ich mich hier noch einmal ausdrücklich bedanken.

Schließen möchte ich meine Ausführungen mit dem Aufruf, der schon meine Rede in den letzten acht Jahren beendet hat: nur gemeinsam sind wir in der Lage, große Dinge zu bewegen. Packen wir es an !

Vielen Dank für Ihre, für Eure Aufmerksamkeit und Geduld.

 

Rolf "Hilton" Frieling
1. Vorsitzender der MID – Motorrad Initiative Deutschland e.V. /
Vorsitzender der Biker Union e.V.
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4. August 2007