Interessengemeinschaft der Gespannfahrer
Andreas Golombowski

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Motorradfahrerinnen und -fahrer,
liebe Gespannfahrerinnen und –fahrer,

seit Anfang dieses Jahres gehört auch die Interessengemeinschaft der Gespannfahrer der Motorradinitiative Deutschland an und in meiner Eigenschaft als zweiter Vorsitzender begrüße ich Sie sehr herzlich zum 3. Hambacher Bikerfest.

Willkommen hier im Schloß, der Wiege der deutschen Demokratie.
Diese wiederum basiert auf den Forderungen der französischen Revolution vor nunmehr über 200 Jahren, den Forderungen nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit.

Willkommen hier im Schloß zu einer einzigartigen Veranstaltung.
Politische Themen und Feste feiern haben für uns Motorrad- und Gespannfahrer eine lange Tradition – Euro-Demo, Sternfahrt der Biker Union, um nur einige zu nennen. Das einzigartige hier ist, dass die Motorradfahrerverbände – ganz im Sinne der Brüderlichkeit – diese Veranstaltung gemeinsam durchführen.

"Erfolgreich sind wir in meinen Augen nur dann, wenn wir uns die alte militärische Weisheit "getrennt marschieren, vereint schlagen" zunutze machen"

so sagte Rolf Frieling, der 1. Vorsitzende der MID letztes Jahr hier an dieser Stelle und wenn ich mich hier so umschaue, dann möchte ich dem doch zustimmen.
Motorradfahrer sind frei, so sagt man, frei und unabhängig. Sie trotzen den Unbilden der Witterung, sie umgibt der Atem von Freiheit und Abenteuer.
Nur; wenn man genau hinschaut, dann ist da nichts mehr mit Freiheit, Abenteuer und große weite Welt.
Freiheit hat was grenzenloses – nur hier in Deutschland wird einem nur zu bewusst, wo Grenzen sein können.
Nur zu schnell kommt ein Verbotsschild: Verboten für Motorradfahrer, entweder nur am Wochenende oder generell. Das Ganze schon fast 150 mal in Deutschland.
Und warum? Wegen einiger hirnloser Raser.
Die Wilhelmstraße in Wiesbaden macht man ja auch nicht für Pkws dicht, nur weil ab und an ein spätpubertärer Jüngling mit Cabrio und Soundmaschine da langfährt. Das ist halt nur ein Depp. Aber ein Motorradfahrer ist halt gleich alle Motorradfahrer.

Das Seltsame bei den Streckensperrungen ist halt nur, wenn sich die Administrationen dann doch mal entschließen Kontrollen durchzuführen, dann fallen die, ach so bösen Motorradfahrer gar nicht negativ aus dem allgemeinen Rahmen heraus. Also am besten erst gar keine Kontrollen, man müsste ja sonst sein Vorurteil über die dummen, hirnlosen Motorradfahrer revidieren.

Hat man dann endlich einen Weg um die ganzen Streckensperrungen gefunden fängt plötzlich das Motorrad wie auf Glatteis an zu rutschen; man wir Opfer der Sparwut der Straßenverkehrsbehörden, die statt zu reparieren nur mit Bitumen wild um sich geschmiert haben.

Ich bin kein großer Kunstkenner und bei Malerei versage ich vollends, aber ich weiß nicht, irgendwie kommt es mir vor als wären die Bitumenkleckser bei den Straßenbauämter direkte Abkömmlinge von Picasso. Jedenfalls stelle ich jedes Mal Ähnlichkeiten mit seinen Bildern fest.

Und weil’s so schön war fliegt man auf die Nase und an die nächste Leitplanke, die hat dann natürlich auch keine Protektoren. Und unser freiheitsliebender Motorradfahrer landet im Krankenhaus.

Hat er nun endlich das Krankenhaus überstanden, dann steht er im Stau, bei 30 Grad im Schatten. Auf der Sitzbank lassen sich dann angenehme 90 Grad messen. Man kocht in der Lederkombi so langsam vor sich hin. Aber durchschlängeln ist ja hierzulande verboten. Das widerspricht dem deutschen Recht und auch dem erhobenen Zeigefinger der Möchtegern-Verkehrspädagogen die mit Ihrem PKW im Stau direkt vor einem stehen. Die machen natürlich auch gerade dann die Tür auf wenn man vorbei will.
Also, schön gehorsam den Hitzetod sterben. Man ist zwar tot, aber man hat sich regelkonform verhalten. Freiheit ist das bestimmt nicht.

Bleibt uns Motorradfahrern nur noch die Gleichheit.
Aber mit der ist es auch nicht mehr weit her. Gleichheit heißt auch gleich behandeln und somit Gerechtigkeit.

Wir Gespannfahrer und auch Solofahrer fordern schon seit Jahren man möge uns doch als gleichwertigen Verkehrsteilnehmer registrieren.
Seit Jahren schon fordern wir die Einführung von Schadstoffgrenzwerten bei Motorrädern bzw. die Katalysatortechnik. Seit Jahren werden wir vom Bundesverkehrsministerium mit Argumenten wie:
- kein Geld
- kein Handlungsbedarf
- keine schlafenden Hunde wecken
- seid doch froh das es so ist
abgespeist.

Das hatte auch Bestand, bis zum Regierungswechsel vor zwei Jahren. Da hat man nun, nach 15 Jahren angenehmen Tiefschlaf, ganz massiv erkannt, das Motorräder ja Stinker sind.

Und flugs kommt man zum Schluss: HERAUF MIT DEN KFZ-STEUERN.
Ja wenn’s ums Zahlen geht, dann sind die Politiker ganz schnell da mit Gleichheit.
Nur wir fordern, dass uns auch die gleichen Rechte eingeräumt werden, d.h. Sukzessive Steueranpassung mit Förderung der Nachrüstung. Beim PKW war das ein Zeitrahmen von 15 Jahren – uns werden gerade mal 15 Monate zugebilligt.
Gleichheit?

Unter uns. Mir fehlt offengestanden die Logik die hinter der emissionsabhängigen Kfz-Steuer steht.

Was soll diese denn bewirken?
Wenn ich den höheren Steuersatz bezahle – beim PKW muss ich es ja jetzt schon – dann ist mein Altfahrzeug vom Vorwurf des Umweltsünders reingewaschen oder?
Das hört sich ja nach mittelalterlichem Ablasshandel an. Ich zahle, dafür kriege ich meine Sünden erlassen und komme in den Himmel? Nein, das kann es ja wohl dann doch nicht sein.

Jetzt hab ich’s! Die Fahrzeuge ohne Abgasreinigung sollen von Deutschlands Straßen. Nur noch Fahrzeuge mit Abgasreinigung.
Aber?
Wie soll ich mir denn ein abgasgereinigtes Fahrzeug kaufen, wenn Staat mir das Geld aus der Tasche zieht. Schon wieder nichts. Bei Gespannen natürlich wieder doppelt schlimm, da wir unter den Gespannfahrern ja viele Familien haben. Wo bleibt hier die Parole vom vielbeschworenen Schutz der Familie mit dem Sie gegen die Homo-Ehe zu Felde ziehen Herr Stoiber? Da sind Sie plötzlich ganz still.

69,90 DM je 100 ccm zu 14,40 DM je 100 ccm, das gibt eine Differenz von 55,50 DM oder 385,42% mehr.
AHA, jetzt wird ein Schuh draus. Wenn also mein Motorrad oder Gespann nicht wie beim Ablasshandel von aller Schuld freigekauft wird und ich mir durch die höhere Steuerbelastung kein neues Motorrad mit Abgasreinigung kaufen kann, dann folgt doch ein Riesen-Reibach für den Staat.
Satte 249,75 Millionen Mark mehr in der Kasse, wenn wir 4,5 Millionen Motorrad- und Gespannfahrer nur mit 100 ccm Motorräder durch die Gegen fahren würden. Wenn wir alle mit 1000 ccm Motorräder fahren würden, dann wären wir bei satten 2,5 Milliarden Mark! Wenn das kein Argument ist.

Und wo bleibt die Umwelt? Na, auf der Strecke, wo denn sonst.
Es ist mir nicht so ganz einsichtig, wieso eine BMW aus den 60ern, die so etwa 3.000 km im Jahr gefahren wird – nichtabgasgereinigt versteht sich – in den nächsten 20 Jahren mehr Schadstoffe in die Luft pustet wie bei der Produktion einer neuen High-Tech-K1200LT entstehen.

In diesem Zusammenhang kann mich noch gut an die Katalysatordiskussion Mitte/Ende der 80er Jahre erinnern. Damals wurde von den Umweltschutzverbänden die Förderung von Katalysatorfahrzeugen massiv kritisiert, mit dem Argument: Ein Nicht-Kat-Pkw könne ohne weiteres 100.000 km fahren, bis er soviel Schadstoffe ausgestoßen hat, wie bei der Produktion eines Neufahrzeuges entsteht.
Und das soll beim Motorrad oder Gespann anders sein?

Wenn man noch andere Steuerarten in Deutschland betrachtet, z.B. die Öko-Steuer – faszinierend: In Deutschland kann man unter dem Siegel "ÖKO" alles verkaufen, sogar eine Steuer – dann kommen mit Sicherheit noch andere Absurditäten zum Vorschein.

Und gegen diese Absurditäten müssen wir gemeinsam zu Felde ziehen.
Deshalb stehen wir hier, deshalb gibt es die MID, das Koordinationsgremium der deutschen Motorradfahrer-Verbände und deshalb wünschen wir uns, dass noch andere – große und kleine Verbände der MID beitreten.

So wie ich meine Rede mit einem Zitat begonnen habe, so möchte ich sie auch mit einem Zitat beenden, mit eine Zitat von Alexandre Dumas:

"Einer für alle, alle für einen"

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.