Bernd Elsner
Mitglied im Gemeinderat Elmstein
im Verbandsgemeinderat Lambrecht
im Ausschluß für ÖPNV des Landkreises Bad Dürkheim
Gemeindevorsteher der Freireligiösen Gemeinde Iggelbach

(Foto: Klaus Schumacher)

Meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Freundinnen und Freunde des Motorrades,

als ich begann mir über diese Rede, die ja eine Festrede sein soll, Gedanken zu machen, dachte ich: am besten fahre ich da grad weiter wo ich vor gut einem Jahr aufgehört hatte. Ich wünsche dieser Veranstaltung einen guten Verlauf und freue mich Sie im Jahr 2000 hier auf dem Hambacher Schloß, unserem Hambacher Schloß begrüßen zu dürfen.
Gerne hätte ich Ihnen auch, wie im vergangenen Jahr die Grüße meiner Heimatgemeinde Elmstein überbracht. Als ich aber unseren Ortsbürgermeister darauf ansprach, meinte er fast wörtlich: ,,Nix, kummt gar ned in Froch, die demonschdriere do mit de Motorräder durchs Dal un do solle mer die noch begrieße. Nä, ohne mich."
Nun gut, das mag ja verständlich sein, er ist halt von Beruf her Polizist und wie, nicht nur ich, auch viele hier, aus langjähriger zum Teil auch leidvoller Erfahrung wissen, tun sich viele seiner Kollegen, den sogenannten Ordnungshütern mit Demonstrantinnen und Demonstranten in unserer Republik etwas schwer. Aber für diese Freiheit, seine Meinung in öffentlichen Versammlungen friedlich zu äußern sind ja 1832 einige tausend engagierte Menschen, darunter nicht zu vergessen, auch viele Ausländer, vor allem Polen in einem großen Demonstrationszug zu diesem Schloß hierauf gezogen

Es ist daher gar keine Frage, wenn ihr, wie es im Motto zu dieser Veranstaltung steht für Verkehrssicherheit demonstriert, daß ihr dafür die ungeteilte Unterstützung auch und gerade der Bevölkerung des Elmsteiner Tales findet.
Aber mit der zweiten Aussage: gegen Diskriminierung, also da bin ich als Bewohner des Elmsteiner Tales schon drüber gestolpert. Es drängt sich hier der Verdacht auf, daß der Veranstalter damit deutlich machen will, daß motorradfahrende Besucher unseres Tales durch einen Großteil der Bevölkerung und ihrer gewählten Räte diskriminiert werden. Ich denke hier sollten wir kurz inne halten und darüber nachdenken an welchem geschichtlichen Ort, ja hochpolitischer Region wir uns befinden.
Als vor nunmehr über 150 Jahren die badisch-pfälzische Revolution hier in unserer Region scheiterte, ging es den Kämpferinnen und Kämpfern auch, ja vor allem, um die Beseitigung von Diskriminierung, in dem Sinne, daß große Teile der Bevölkerung keine oder nur geringe Chancen hatten in gleichberechtigter Weise das öffentliche, gesellschaftliche Leben mitzubestimmen, geschweige denn ihr Leben und die Umstände selbst zu organisieren und selbst zu bestimmen. Wenn wir den Vergleich zu heute ziehen wollen, dann wird, je nach persönlichem Standpunkt die eine sagen das haben wir doch heute auch noch nicht erreicht und der andere hält dagegen, das wir die bestmöglichste Organisationsform unserer Gesellschaft auf deutschem Boden haben. Wobei ich nicht verleugnen möchte, daß ich den ersten Standpunkt teile.
Aber noch ein anderer Vergleich drängt sich doch, insbesondere durch die öffentliche, hochpolitische Diskussion der letzten Zeit geradezu auf, die tagtägliche Diskriminierung von Menschen mit anderer Hautfarbe, anderer kultureller Zugehörigkeit, gleichgültig ob deutsche Staatsbürger oder nicht. Wer ,,undeutsch" aussieht oder jemandem der ,,undeutsch" aussieht beisteht, begibt sich recht schnell in eine handfeste Schlägerei, wobei deutsches Aussehen gleichgesetzt wird mit blondem Haar und weißer Haut. So einfach ist das mit der Verächtlichmachung, was ja auch Diskriminierung bedeutet. Die Menschen im Elmsteiner Tal wissen was Diskriminierung bedeutet und sie reagieren empfindlich wenn Ihnen dieser Vorwurf gemacht wird. Die geschichtliche Erfahrung und die Lebensumstände der Vorfahren haben sich hier besonders tief eingeprägt. Ich möchte das kurz verständlich machen. Nach dem 30jährigen Krieg, also vor über 300 Jahren, gab es im Elmsteiner Tal nur wenig Überlebende, es sollen grad mal 7 Menschen diese Massaker überstanden haben. Die Wiederbesiedelung der ausgestorbenen Gemeinden vollzog sich über Jahrzehnte durch ausländische Heimatlose vor allem aus der Schweiz und den Niederlanden. Einerseits ist dadurch eine recht demokratische Gemeinschaft entstanden und andererseits hat sich ein auffallend tolerantes Miteinander entwickelt. Davon zeugt auch, daß sich seit fast 80 Jahren die zweitgrößte Freireligiöse Gemeinde der Pfalz in Iggelbach befindet das aus diesem Grunde auch gerne das Dorf ohne Gott genannt wird. Als Vorsteher dieser Gemeinde, weiß ich, was es, auch heute noch heißt im Gegensatz zu den christlichen Vorstellungen einer Gesellschaft zu lieben und zu leben. Auch wir Freireligiösen wissen was Diskriminierung bedeutet.
Fremde und Besucher waren in den armen Dörfern unseres Tales als Gäste immer willkommen, gleichgültig wie sie aussahen oder was sie dachten. Uns würde es daher schon treffen, wenn die Meinung aufkommen sollte, daß die Menschen im Elmsteiner Tal andere Menschen verdächtigen, herabsetzen oder benachteiligen, was ja auch diskriminieren bedeutet.
Wenn wir dennoch mit großer Mehrheit die sommerliche Wochenend-Sperrung unseres Tales beibehalten, so sicherlich nicht um eine ganze Gruppe von Verkehrsteilnehmern zu diskriminieren. Eher aus den von mir im letzten Jahr schon genannten Gründen.
Ich bin, allerdings nur solange bis es uns gelungen ist, eine politische Lösung dieser Probleme zu finden, unter den gegebenen infrastrukturellen und verkehrstechnischen Umständen für die Sperrung des Elmsteiner Tales. Unsere hochverschuldete Gemeinde Elmstein ist bei der Lösung dieses Problemes überfordert und es liegt sicherlich an übergeordneten Gremien hier planerisch tätig zu werden. Eine Sperrung ist für mich vorläufig zu akzeptieren und es liegt im Interesse aller Beteiligten für die Zukunft ein brauchbares Modell zu entwickeln, daß die unterschiedlichen, zum Teil gegensätzlichen Interessen befriedigend verbinden kann.
Die Problemstellung liegt auch nicht so sehr bei den wenigen schwarzen Schafen, sondern in der Masse der Fahrzeuge und der Personen. Das betrifft Dinge wie öffentliche Toilettenanlagen, Abstell-, Rast- und Parkplätze, Ortsdurchfahrtsregelungen auf der Strecke und vieles mehr.
Nur ein Beispiel: wir saßen an einem Sonntagmorgen, ich denke es war 1989 beim Frühstück als ein Motorrad nach dem anderen durch die Hauptstraße von Elmstein fuhr. Ich schätze, das etwa 20 bis 25 Maschinen schon durch waren, als wir mit dem Zählen begannen: - wir haben danach 215 Maschinen gezählt, die nacheinander als Korso durch unser kleines Dorf fuhren, nicht einmal schnell oder übermäßig laut. Aber allein in dieser Zeit war es niemanden möglich unsere Hauptstraße zu überqueren. Ich halte das für einen unzumutbaren Zustand. Politisch gesehen bin ich ein Vertreter der Idee sich selbstverwaltender freier Kommunen, so wie er 1871 von der Pariser Kommune und den hunderten freier Kommunen verwirklicht wurde. Von diesem Standpunkt aus finde ich es richtig, das eine Gemeinde entscheiden kann ob und wieviel und welcher Art Verkehr sie in ihrem Geltungsbereich duldet, ob und in welcher Weise soziale über wirtschaftlichen Interessen stehen. Doch das wäre ein anderes ausführlicher zu behandelndes Thema. Ich weiß nicht ob dies nun eine Festrede war oder eher nicht. Aber wir sollten diese Themen mit dem notwendigen Ernst bearbeiten und Lösungen finden. Ich denke wenn Sie diesen Ort, unser Hambacher Schloß als ihren jährlichen Arbeits- und Tagungsort wählen haben wir einen guten gemeinsamen Ausgangspunkt um dem Gedanken der Freiheit, Gleichheit und Demokratie neue Impulse zu verleihen und die Tage der Sperrung des Elmsteiner Tales sind gezählt.

Ich wünsche Ihnen beim Bikerfest in unserer Gemeinde Esthal viel Spaß und allzeit Gute Fahrt

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.